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Wenn TFP ein Geschäft wird – was sagt das über eine seriöse Modelagentur

Neulich bekomme ich wieder eine dieser Mails: Ein Model fragt nach einem TFP-Shooting. Soweit, so normal. Nur dass das Model professionell von einer grossen Modelagentur betreut wird, die u.a. ihre Models (nach erstem Blick auf veröffentlichte Portfolio-Fotos) für Vogue, Marie Claire, Harper’s Bazaar etc. anbieten – und genau da begann das Nachdenken.

Wie seriös ist eine Modelagentur, die solche Anfragen stellt?

Was passiert hier eigentlich? Eine Modelagentur, die ihre Models kommerziell vermarktet, kommt über TFP-Fotografen an kostenlose, hochwertige Bilder. Diese Fotos landen später im Portfolio der Agentur, werden für Werbung oder Sedcards genutzt – also ganz klar für den geschäftlichen Nutzen.
Und ich? Ich investiere Zeit, Technik, Erfahrung – ohne Gegenwert.

Das ist nicht der Sinn von TFP. Time for Pictures heißt: beide Seiten profitieren gleichwertig. Aber sobald Geld auf der einen Seite fließt, während auf der anderen alles „freiwillig“ bleibt, kippt das Verhältnis.

Eine seriöse Modelagentur respektiert die Arbeit der Fotografen, zahlt für professionelle Leistungen und kommuniziert transparent, wofür die Bilder genutzt werden. Alles andere fällt eher in die Kategorie „clever, aber fragwürdig“.

Kommen wir zurück auf genannte Anfrage.
Das Model fragte mich an, ob wir ein gemeinsames Shooting umsetzen wollen. Natürlich stöberte ich sofort auf der Webseite ihrer Modelagentur und fühlte mich geehrt, dass eine so bekannte und professionelle Agentur mit einem ihrer Models nach meiner Arbeit fragt. Ein kleiner Trugschluss, wie sich herausstellte.

Sie schrieb mir, „….sie hätte einige Fotografen in Hamburg und Umland nach einem TFP Shooting angefragt“.
In diesem Moment hatte ich das Gefühl, als ginge es bei ihrer Anfrage weniger um meinen Style als mehr darum, von wem bekommt sie schnell, unkompliziert und kostenlos gute Bilder.

Doch…

  • auf wiederholte Nachfrage, wieso gerade ich für sie in Frage komme, antwortete sie nicht.
  • auf wiederholte Nachfrage, wie genau die Vereinbarung mit der Agentur aussehen soll, antworte sie nicht.

Fernab dessen, dass TFP Shootings für Model- bzw. Booking-Agentur eine perfekte, kostenlose Möglichkeit sind, Bilder von Fotografen zu bekommen frage ich mich in dem Zusammenhang, welchen Vorteil ich dadurch hätte?

Denn …

  • die Bilder würden ja bei der Agentur auf der Webseite (kommerziell) publiziert,
  • die Agentur arbeitet mit diesen Bildern kommerziell für deren Kunden und
  • hat weder Arbeit noch Stress, weil die Bilder frei Haus kommen. Und kostenlos.

Ist dass ein Gebaren einer professionellen Agentur und auch ihren Multiplikatoren (den Models)?
Einer Modelagentur, die sogar von der Vogue selbst als eine der wichtigsten Modelagenturen in Deutschland betitelt wird (https://www.vogue.de/mode/artikel/modelagenturen-finden-vogue-hat-die-wichtigsten-adressen)

Warum Fotografen oft den Kürzeren ziehen

Viele Fotografen lassen sich – verständlicherweise – von großen Namen, vermeintlicher Reichweite oder „Imagegründen“ locken. Man denkt: „Vielleicht bringt es Sichtbarkeit.“ Doch Sichtbarkeit allein bezahlt keine Technik, kein Studio, keine Zeit.
Wenn eine Agentur mit deinen Bildern arbeitet, sie für Social Media, Werbung oder Bookings nutzt, dann fließt dort Geld. Nur nicht zu dir.

Ich fühle mich da oft hin- und hergerissen. Einerseits ist es natürlich schmeichelhaft, wenn eine Agentur oder ein Management ausgerechnet mich anfragt. Das ist ja irgendwie auch ein Kompliment an meine Arbeit. Andererseits frage ich mich: Wenn eine seriöse Modelagentur professionell arbeitet – warum bezahlt sie dann nicht professionell für ihre Bilder?

Image bezahlt keine Miete

Sichtbarkeit oder Referenzen sind kein Ersatz für faire Bezahlung. Wer Bilder kommerziell nutzt, sollte sie auch entsprechend honorieren. Alles andere wirkt – gelinde gesagt – unprofessionell.

Natürlich gibt es Ausnahmen: freie Projekte, echte TFP-Kooperationen, bei denen beide Seiten kreativ wachsen. Aber sobald eine Agentur mitverdient, hat das aus meiner Sicht nichts mehr mit Fairness zu tun.

Sichtbarkeit oder Referenzen sind kein Ersatz für faire Bezahlung.

Thorsten Ruhle

5 Dinge, die du tun solltest, wenn eine Modelagentur ein TFP-Shooting anfragt

1. Nachfragen, wer die Bilder nutzt

Kläre, ob die Fotos ausschließlich fürs Model oder auch für die Agentur gedacht sind. Das macht einen großen Unterschied – rechtlich und moralisch.

2. Nutzungsrechte prüfen

Wenn eine Agentur die Bilder kommerziell verwendet, ist das kein TFP mehr. In dem Fall solltest du eine Lizenz oder ein Honorar festlegen.

3. Auf klare Kommunikation bestehen

Eine seriöse Modelagentur hat kein Problem damit, offen über Budgets oder Bildrechte zu sprechen. Wenn’s ausweichend wird, ist das meist kein gutes Zeichen.

4. Überlege, was dir das Shooting bringt

Manchmal lohnt sich ein Projekt aus künstlerischen Gründen oder für dein Portfolio. Aber sei ehrlich zu dir selbst: Ist das wirklich dein Nutzen – oder nur eine Hoffnung auf Reichweite?

5. Grenzen setzen – freundlich, aber bestimmt

Du darfst Nein sagen. Ein höfliches, professionelles „Kein TFP bei kommerzieller Nutzung“ ist völlig legitim. Es zeigt, dass du deine Arbeit ernst nimmst – und das sollten andere auch.

Fazit

Eine seriöse Modelagentur erkennt den Wert von Bildern – und den Wert der Menschen, die sie erschaffen.
Wenn du also das nächste Mal eine Shooting-Anfrage bekommst, frag ruhig genauer nach. Nicht, weil du misstrauisch bist, sondern weil du professionell arbeitest.

Und vielleicht wird aus so einem Gespräch ja doch noch eine echte, faire Zusammenarbeit – mit Wertschätzung auf beiden Seiten.

Mich interessiert:
Wie gehst du damit um?
Machst du solche TFP-Anfragen von Agenturen trotzdem?
Oder sagst du klar: Eine seriöse Modelagentur bezahlt für professionelle Arbeit – Punkt?

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