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Ist das noch ein TFP Shooting? Anfragen werden immer dreister

Du kennst das sicher: Du freust dich über eine Anfrage für ein TFP Shooting, weil du die Möglichkeit siehst, kreativ zu arbeiten und dein Portfolio zu erweitern. Doch je genauer du die Nachricht liest, desto mehr beschleicht dich ein mulmiges Gefühl. Es geht längst nicht mehr um die ursprüngliche Idee eines „Time for Print“-Shootings, sondern teilweise schon um hochprofessionelle Aufträge – nur eben ohne Vergütung.

Warum werden die Anfragen immer anspruchsvoller? Und wo ziehen wir die Grenze zwischen fairer Zusammenarbeit und schamloser Ausnutzung? Lass uns gemeinsam einen Blick darauf werfen.

Was bedeutet TFP Shooting überhaupt?

TFP steht für „Time for Print“ – ein Konzept, das auf Zusammenarbeit basiert. Fotograf und Model investieren Zeit und Talent, um beide am Ende von den Ergebnissen zu profitieren. Es geht um gegenseitigen Mehrwert, ohne dass Geld fließt. Du bekommst als Fotograf neue Bilder für dein Portfolio, und das Model erhält professionelle Aufnahmen.

Doch in letzter Zeit scheint der Gedanke hinter TFP immer weiter in den Hintergrund zu rücken. Dass war und ist auch mein Grund gewesen, immer mehr auf TFP Shootings zu verzichten bzw. nur noch sehr ausgewählte stimmige Shootings zu organisieren.

Hobbymodelle und Privatpersonen sehen TFP zunehmend als Gelegenheit, an kostenfreie Dienstleistungen zu kommen, die weit über das hinausgehen, was fair wäre.

Wenn TFP-Anfragen aus dem Ruder laufen

Ich habe in den letzten Monaten ca. 200 Anfragen in diversen TFP Gruppen gelesen und mich oft gefragt: Ist das noch ein TFP Shooting? Wenn ich die Beschreibungen und Ansprüche der „Models in spé“ lese habe ich dass Gefühl, hier wird die Arbeit, Kreativität und Zeit des Fotografen in keiner Weise gewürdigt. Mehr noch.

Die immer üppiger werdenden Anfragen werden mit Sprüchen wie „….aber du kannst damit doch dein Portfolio ausbauen…“ oder „…ist doch eine tolle Möglichkeit, deine Skillz unter Beweis zu stellen“ oder „…und als Gegenleistung bekommst du natürlich Essen und Getränke“ gekontert.

Hier sind einige Beispiele für dreiste TFP-Anfragen, die dir vielleicht bekannt vorkommen:

  1. Kommerzielle Nutzung: Du sollst Bilder für eine kommerzielle Webseite erstellen – unbezahlt, versteht sich. Natürlich wird davon ausgegangen, dass du die Bilder perfekt retuschierst und in maximaler Auflösung lieferst.
    „Ich brauche ein paar coole Bilder für meine neue Webseite. Es wäre super, wenn du professionelle Businessporträts machen könntest, und vielleicht noch ein paar Detailshots von meinen Produkten. Aber ich kann leider kein Budget anbieten – du kannst die Fotos ja auch für dich verwenden!“
  2. Agenturfotos: Das Hobbymodel braucht dringend professionelle Bilder, um sich bei einer Modelagentur zu bewerben – und das am besten mit mindestens 10 verschiedenen Outfits und Locationwechseln.
    Hier gibt es noch eine Extension: Oftmals raten die Agenturen den Models explizit sich einen TFP Fotografen zu suchen. Warum? Die Agentur muss selbst keinen Fotografen bezahlen und nutzt die Bilder auf der eigenen Webseite, um hier gezielt Kunden zu akquirieren.
    „Ich möchte mich bei einer Modelagentur bewerben, und dafür brauche ich professionelle Sedcard-Bilder. Es müssten Studio- und Outdoor-Aufnahmen sein, mit verschiedenen Outfits. Es wäre toll, wenn du das als TFP machen könntest. Wenn ich Erfolg habe, bringe ich dir sicher viele Jobs!“
  3. Hochzeitsshootings: „Ich heirate, und wir könnten ja ein gemeinsames TFP-Shooting daraus machen!“ – 6 Stunden Begleitung inklusive Nachbearbeitung der gesamten Hochzeitsreportage.
    „Ich heirate nächste Woche, und ich dachte, du könntest das als TFP-Shooting begleiten. Du bekommst super schöne Bilder für dein Portfolio! Es wäre von 13 Uhr Mittags bis Mitternacht – inklusive Getting Ready, Zeremonie, Paarshooting und Party.“
  4. Endlose Retuschen: Du lieferst die Bilder, und plötzlich hagelt es Wünsche: andere Hauttöne, perfektes Bodyshaping, zusätzliche Retuschen für jedes Bild. Natürlich alles „im Rahmen des TFP“.
    „Danke für die Bilder! Könntest du die jetzt bitte nochmal so retuschieren, dass meine Haut makellos aussieht? Und beim zweiten Bild hätte ich gern meinen Bauch etwas schmaler. Oh, und kannst du beim dritten Bild den Hintergrund komplett austauschen?“
  5. Ansprüche ohne Gegenleistung: Outfits, Make-up, Accessoires – alles soll von dir gestellt werden. Gleichzeitig gibt es keinen Plan, wie du von der Zusammenarbeit profitieren sollst.
  6. Das Rundum-Paket „Ich brauche Fotos für mein Instagram. Es sollte auf jeden Fall ein komplettes Styling dabei sein – Make-up und Haare bitte von dir organisiert. Ich hätte gern drei verschiedene Outfits, eine coole Location und vielleicht noch ein paar Accessoires. Ach ja, kannst du auch Videos machen?“
  7. Die Dauer-Model-Anfrage „Ich suche einen Fotografen, der regelmäßig kostenlose Shootings mit mir macht. Es gibt so viele coole Locations, die wir ausprobieren könnten. Ich bin sicher, du hast auch Spaß daran, kreativ zu sein!“
  8. Babybauch Shooting „Ich bin schwanger und hätte gerne ein TFP-Babybauchshooting. Natürlich sollte es ein professionelles Studio- oder Outdoor Setting sein, mit mehreren Outfits, Accessoires und gerne auch ein paar Fine-Art-Bildern. Ach ja, mein Partner und unser Hund wären auch dabei – das ist doch kein Problem, oder?“
    „Ich habe leider keine Zeit, irgendwohin zu fahren. Könntest du einfach zu mir nach Hause kommen und die Bilder in meinem Wohnzimmer machen? Bring doch am besten noch ein paar Hintergründe und Lichter mit, damit es richtig professionell aussieht!“
  9. „TFP“ mit Extras „Ich brauche Porträts, die professionell wirken, und dann noch ein paar Boudoir-Aufnahmen für mich privat. Ach ja, kannst du die Dateien bitte in voller Auflösung schicken, damit ich sie selbst weiterbearbeiten kann?“

Ein höfliches „Nein“ ist manchmal der beste Weg, deine Zeit und deine Kunst zu schützen.“

Thorsten Ruhle

Warum dreiste TFP Shooting Anfragen ein Problem sind

Viele dieser Anfragen zeigen nicht nur fehlenden Respekt für die Arbeit eines Fotografen, sondern auch ein Missverständnis darüber, was TFP bedeutet. TFP ist eine Zusammenarbeit, bei der beide Seiten gleichermaßen profitieren – kein Freifahrtschein für umfangreiche, kostenfreie Dienstleistungen.

Die Grundidee von TFP basiert auf Fairness und Gleichgewicht. Beide Seiten bringen etwas ein und erhalten im Gegenzug etwas Wertvolles. Doch wenn TFP-Anfragen zu Auftragsarbeiten mutieren, verliert dieses Gleichgewicht.

Deine Zeit, dein Equipment und deine Fähigkeiten haben einen Wert – und es ist nicht zu viel verlangt, diesen Wert anzuerkennen. Dreiste Anfragen können nicht nur deine Motivation beeinträchtigen, sondern auch deine Arbeit entwerten.

Das Schlimme daran ist: Es gibt immer Jemanden, der solche dreisten Anfragen dann doch annimmt.

Wie du Grenzen bei frechen Anforderungen setzt

Um dich vor unverschämten Anfragen zu schützen, ist es wichtig, klare Grenzen zu ziehen. Hier sind ein paar Tipps:

  1. Definiere deine TFP-Bedingungen: Schreibe klar auf, was du bei einem TFP-Shooting anbietest – und was nicht. Veröffentliche diese Bedingungen auf deiner Webseite oder in deinen Social-Media-Profilen.
  2. Stelle die Gegenleistung in den Fokus: Frage direkt, was das Model einbringen kann. Kann es dir durch seine Reichweite helfen? Bringt es eine interessante Idee oder ein besonderes Styling mit? Sind es 08/15 „ich stelle mich mal an die Wand“-Bilder oder kreative Herausforderungen?
  3. Sag höflich, aber bestimmt „Nein“: Wenn dir eine Anfrage übertrieben oder unfair erscheint, lehne sie freundlich ab. Du bist nicht verpflichtet, jeden Wunsch zu erfüllen. Und du darfst diese Person auch in einer öffentlichen Gruppe darauf hinweisen, dem Anspruch in Form von Geld einen Wert zu geben.
  4. Werde nicht zum kostenlosen Dienstleister: TFP ist kein Ersatz für bezahlte Aufträge. Wenn der Umfang einer Anfrage dem eines professionellen Jobs entspricht, solltest du dies klar kommunizieren und eine Vergütung ansprechen.
  5. Schütze dich durch Verträge: Ein TFP-Vertrag kann helfen, den Rahmen der Zusammenarbeit festzulegen und Missverständnisse zu vermeiden.

Arbeitsleistung bei einem durchschnittlichen TFP Shooting

Ein durchschnittliches TFP-Shooting bedeutet für einen Fotografen deutlich mehr Arbeit, als Außenstehende oft vermuten. Hier ist eine Aufschlüsselung der typischen Aufgaben und des damit verbundenen Zeitaufwands:

1. Vorbereitung

  • Kommunikation mit dem Model: Nachrichten schreiben, Konzept besprechen, Fragen klären.
    (1–2 Stunden)
  • Planung des Konzepts: Moodboards erstellen, Inspiration sammeln, Location auswählen.
    (1–2 Stunden)
  • Organisation: Equipment vorbereiten (Kamera, Objektive, Akkus, Speicher, Beleuchtung), eventuell Requisiten und Outfits planen. (1–2 Stunden)

Zeitaufwand Vorbereitung: 2–5 Stunden

2. Das Shooting selbst

  • Anreise zur Location: Je nach Entfernung (30 Minuten – 2 Stunden).
  • Shooting-Dauer: Ein TFP-Shooting dauert oft 2–4 Stunden, manchmal länger bei mehreren Outfits oder Locations.
  • Rückfahrt: Weitere Anreisezeit einplanen.

Zeitaufwand Shooting: 2–6 Stunden

3. Nachbearbeitung

  • Sichten und Sortieren: Hunderte von Bildern durchsehen, die besten auswählen. (1–2 Stunden)
  • Grundbearbeitung: Farben anpassen, Licht optimieren, Beschnitt. (2–3 Stunden)
  • Retusche: Haut, Hintergrund, störende Elemente – je nach Detailgrad. (30 Minuten bis 1 Stunde pro Bild)

Zeitaufwand Nachbearbeitung: 3–8 Stunden (je nach Anzahl der Bilder und Bearbeitungsintensität)

4. Kommunikation nach dem Shooting

  • Übersendung der Bilder: Bilder hochladen, Links erstellen oder Dateien verschicken. (~30 Minuten)
  • Feedback und Änderungswünsche: Eventuell Rückfragen oder Nachbearbeitungswünsche des Models klären. (30 Minuten – 2 Stunden)

Zeitaufwand Kommunikation nach dem Shooting: 1–2 Stunden

Gesamtaufwand für ein TFP-Shooting: Ca. 5–10 Stunden – je nach Komplexität des Projekts und Umfang der Nachbearbeitung.

Ein TFP-Shooting ist für Fotografen eine echte Investition von Zeit, Energie und Kreativität. Viele unterschätzen, wie viel Arbeit auch abseits der Kamera stattfindet – von der Planung bis zur Nachbearbeitung. Deswegen ist es umso wichtiger, dass TFP-Projekte auf gegenseitigem Respekt und echtem Mehrwert für beide Seiten basieren.

Schlussgedanken zu deinem TFP Shooting

Die Fotografie ist ein kreatives Handwerk, das viel Zeit, Können und Leidenschaft erfordert. Es ist vollkommen in Ordnung, deine Arbeit wertzuschätzen und dich vor unangemessenen Anfragen zu schützen. TFP sollte ein gegenseitiger Austausch auf Augenhöhe bleiben – und kein Freifahrtschein für kostenlose Dienstleistungen.

Also, halte den Kopf hoch, kommuniziere klar, und denk daran: Ein höfliches „Nein“ ist manchmal der beste Weg, deine Zeit und deine Kunst zu schützen.

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